Familienunternehmen: wenn die zweite Generation übernimmt
Wenn der Gründer Platz für die nächste Generation macht, steht das Familienunternehmen vor einer seiner größten Herausforderungen. Was bis zu diesem Zeitpunkt funktionierte, meist unter einer persönlicheren und zentralisierteren Führung, verwandelt sich in eine komplexere Struktur mit vielfältigen Interessen, Visionen und gefühlvollen Bindungen, die mehr oder weniger betroffen ist, je nach der Anzahl der beteiligten Geschwister. Eine neue Phase beginnt, in der es unerlässlich ist, von unbewussten ererbten Modellen abzurücken und auf Professionalisierung zu setzen, was unter anderem die klare Trennung von Führung und Management bedeutet.
Obwohl 90 % der Gründer wünschen, dass das Unternehmen im Familienbesitz bleibt, schaffen es tatsächlich nur drei von zehn Familienunternehmen bis zur zweiten Generation und davon überlebt weniger als die Hälfte den nächsten Generationswechsel. Ein Verhältnis, das sich nicht durch mangelnden Willen erklärt, sondern durch die Komplexität des Übergangs.
Neue Regeln für eine neue Phase
Die zweite Generation im Familienunternehmen sieht sich in der Regel mit einer ganz anderen Realität konfrontiert: Es gibt keinen einzelnen Führer mehr, und das Eigentum diversifiziert sich. Ein neuer Verteilerschlüssel für Funktionen, Visionen und Arbeitsweisen tritt in Kraft. Entscheidungen werden nicht mehr allein getroffen, sondern erfordern Konsens, eine gemeinsame Vision und vor allem eine solide Struktur, die die Familie, das Unternehmen und das Eigentum klar trennt.
Wie Belén Alarcón, Partnerin und Direktorin für Vermögensberatung bei Abante, erklärt: „Die Professionalisierung der Beziehungen im Unternehmen ist entscheidend für eine erfolgreiche Übergabe, damit alle Familienmitglieder zufrieden sind und das Unternehmen weiter wächst.“ Dieser Prozess umfasst Ausbildung, Kommunikation und auch die Festlegung eines Rahmens, der die Spielregeln festlegt: von der Entscheidung, wer im Unternehmen arbeitet, über die Dividendenpolitik bis hin zur Art und Weise, wie Konflikte gelöst werden, wenn sie auftreten.
Der Übergang erfordert, dass die Geschwister ein Gleichgewicht zwischen ihren beruflichen Laufbahnen und ihrem Engagement für das Geschäft finden. In diesem Zusammenhang ist es entscheidend, dass jeder über seine persönliche Situation nachdenkt: Wie stark ist die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Unternehmen, wie passt der Wirtschaftszyklus des Unternehmens zu seinen finanziellen Bedürfnissen, und was möchte er zum Familienprojekt beitragen und erhalten? In diesem Zusammenhang wird die Festlegung eines strategischen Plans nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für die Familie und für jede Einzelperson zu einem unerlässlichen Schritt.
Trennung von Management und Führung: ein notwendiger Schritt für die zweite Generation
Einer der wichtigsten Aspekte in der zweiten Generation des Familienunternehmens ist das Erlernen einer klaren Unterscheidung der Entscheidungsbereiche. Die Trennung des operativen Managements von der Unternehmensführung ermöglicht die Professionalisierung von Funktionen, die Reduzierung unnötiger Konflikte und die Klärung von Verantwortlichkeiten. Die Schaffung von Gremien wie dem Familienrat oder dem Verwaltungsrat ist ein guter Ausgangspunkt, um diesen Prozess zu ordnen und dem Projekt Stabilität zu verleihen.
Gleichzeitig ist es wichtig, ein Anreizsystem zu schaffen, das für alle Aktionäre fair ist. Diejenigen, die im Unternehmen tätig sind, sollten ein marktkonformes Gehalt erhalten, während diejenigen, die nicht tätig sind, über Dividenden eine angemessene Rendite erzielen sollten. Diese Differenzierung hilft, die Erwartungen auszugleichen und trägt zur Aufrechterhaltung des familiären Zusammenhalts bei.
Wirtschaftliche Unabhängigkeit und gemeinsame Vision im Familienunternehmen
Eine weitere Lehre aus der Erfahrung vieler Unternehmerfamilien ist die Bedeutung, dass jedes Mitglied ein persönliches Vermögen unabhängig vom Unternehmen aufbaut. Dies gibt nicht nur Handlungsspielraum, sondern ermöglicht auch, Entscheidungen mit mehr Gleichgewicht und einer breiteren Sicht auf die Familieninteressen zu treffen.
Die zweite Generation muss an der Schaffung einer gemeinsamen Zukunftsvision arbeiten: warum sie weiterhin Gesellschafter sein wollen, wie Entscheidungen getroffen werden, welche Rolle jeder spielen wird. Diese kollektive Reflexion ist die Grundlage für das Familienprotokoll, ein Dokument, das die von allen in Bezug auf Arbeit, Eigentum und Unternehmensführung eingegangenen Verpflichtungen festhält.
Planung zur Sicherung der Kontinuität
In diesem Zusammenhang kann die Planung der Nachfolge nicht improvisiert werden. Sie muss rechtzeitig und mit professioneller Begleitung und Beratung angegangen werden, die die geschäftlichen, persönlichen und familiären Dimensionen berücksichtigt.
Die Bewertung des Unternehmens, die Analyse der Rentabilität des Geschäftsplans, die Festlegung von Gewinnverteilungspolitiken, die Reflexion über die wirtschaftliche und persönliche Situation jedes Mitglieds und die Festlegung klarer Regeln für das Zusammenleben im Unternehmen sind unverzichtbare Aufgaben. Es geht nicht nur darum, eine Nachfolge zu planen, sondern ein Zukunftsprojekt zu gestalten, in dem jeder seinen Platz findet, unter Berücksichtigung, dass in der dritten Generation viele weitere Familienzweige miteinander verflochten sein werden.
Daher reicht es nicht aus, dass das Erbe fortbesteht: Es bedarf einer Reflexions- und Planungsübung, die das Emotionale mit dem Geschäftlichen, das Individuelle mit dem Kollektiven und das Ererbte mit dem zu Bauenden verbindet.